„Zusammen mit meiner Ehefrau habe ich drei Kinder. Um den Überlebenden finanziell abzusichern, möchten wir im Hinblick auf das Ableben des Erstversterbenden vorsorgen. Wir möchten auch sicher gehen, dass der überlebende Ehegatte in unserer Eigentumswohnung bleiben kann. Was raten Sie uns?“

 

Von Gesetzes wegen erhält der Ehepartner die Hälfte der Erbschaft, wenn er mit Nachkommen zu teilen hat. Die Nachkommen und der Ehepartner haben einen Anspruch auf den Pflichtteil. In der vorliegenden Konstellation beträgt der Pflichtteil der drei Nachkommen 3/8 des ganzen Nachlasses, währenddem für den überlebenden Ehegatten 5/8 übrig bleiben.

 

Eine Begünstigungsoption stellt ein öffentlich beurkundeteter Erbverzicht sämtlicher Nachkommen dar. Dabei bekräftigen die Nachkommen unterschriftlich, beim Ableben des erstversterbenden Elternteils zu Gunsten des Überlebenden auf erbrechtliche Ansprüche (auch auf ihren Pflichtteil) zu verzichten. Sie kommen erbrechtlich erst zum Zug, wenn der zweite Elternteil ebenfalls verstorben ist.

 

Für eine grösstmögliche gegenseitige Begünstigung der Ehegatten empfiehlt sich indessen ein kombinierter Ehe-/Erbvertrag, welcher flexibler ausgestaltet werden kann als ein Erb­verzichts­vertrag und welchen die Kinder nicht unterzeichnen müssen. In diesem Vertrag, welcher von einem Notar öffentlich beurkundet werden muss, wird güterrechtlich der gesamte Vorschlag, d.h. alles während der Ehe von den Ehegatten Erworbene unter Abzug der Schulden dem andern Ehegatten zugewiesen. Damit fällt nur das sog. Eigengut (v.a. das in die Ehe eingebrachte Vermögen, Erbschaften und Schenkungen) in den Nachlass.

 

Da in vielen durchschnittlichen Verhältnissen die meisten Vermögenswerte während der Ehe erworben werden und damit der Errungenschaft angehören, reicht diese Massnahme für eine Maximalbegünstigung des Überlebenden bereits in den meisten Fällen aus. Um den Überlebenden noch weiter zu begünstigen, bietet es sich zusätzlich an, diesem als erbrechtliche Regelung ein Wahlrecht einzuräumen, nach welchem er entweder dem höchstmöglichen Erbanspruch zu Eigentum erhält und den Nachkommen nur der gesetzliche Pflichtteil ausgerichtet wird oder er die freien Quote zu Eigentum erhält (1/4 des Nachlasses) und vom restlichen, den Nachkommen zustehenden Nachlass, die unentgeltliche Nutz­niessung. Die zweite Variante führt dazu, dass den Nachkommen zu Gunsten des überlebenden Elternteils und bis zu dessen Ableben lediglich das nackte Eigentum an ihrem Teil der Erbschaft verbleibt. Haben die Ehegatten ihr ganzes Hab und Gut ins gemeinsame Haus gesteckt, stellt dies sicher, dass es der überlebende Ehegatten durch das eingeräumte Wohnrecht weiterhin bewohnen und nutzen kann.

 

 

Florian Weishaupt, Rechtsanwalt und Notar

Küng Rechtsanwälte & Notare AG, Gossau

www.kuenglaw-sg.ch

 

 

  1. April 2018