„Ich besitze seit 20 Jahren ein Bankkonto in Deutschland, das ich bislang in meiner Steuererklärung nicht deklariert habe. Ich habe gehört, dass nun der Automatische Informationsaustausch in Steuersachen in Kraft getreten ist. Was bedeutet dies?“

Der Automatische Informationsaustausch (AIA) regelt den Austausch der Steuer­behörden der teilnehmenden Länder über Vermögenswerte und Kapitaleinkommen der Steuerpflichtigen. Die gesetzlichen Grundlagen dafür sind am 1. Januar 2017 in Kraft getreten. Ab dem Jahr 2018 erfolgt der Datenaustausch mit den teilnehmenden Ländern (insgesamt 100 Länder, darunter alle EU-Staaten). Alle teilnehmenden Länder sind verpflichtet, Informationen über Kapitaleinkommensarten und Konten bei Banken oder Versicherungen sowie über das Eigentum von Immobilien (z.B. Ferienhaus im Ausland) von in der Schweiz sesshaften natürlichen und juristischen Personen an die schweizerischen Steuerbehörden weiterzuleiten.

Dies hat zur Folge, dass Ihre Bank in Deutschland Ihre Zinseinkünfte sowie den Saldo Ihres Bankkontos dem deutschen Staat melden muss und dass diese Informationen nun letztlich an das für Sie zuständige Steueramt in der Schweiz ge­langen. Da Sie dieses Bankkonto und die Zinseinkünfte nicht deklariert haben, liegt der Straftatbestand der Steuerhinterziehung vor.

Sie können hingegen ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung ver­hin­dern, wenn Sie sich selbst beim zuständigen Steueramt anzeigen. Um in den Genuss dieser (einmaligen) straflosen Selbstanzeige zu kommen, müssen Sie alles offenlegen, d.h., Sie müssen z.B. angeben, dass Sie ein Bankkonto in Deutschland besitzen und zwar wie lange schon, woher das Geld auf diesem Konto stammt, wie hoch die Zinseinkünfte und der Saldo dieses Konto jeweils Ende Jahr waren. Zudem müssen Sie die Nachsteuern für die vergangenen 10 Jahre bezahlen, damit sie straflos bleiben. Wenn Sie eine solche straflose Selbstanzeige nicht machen, werden Sie neben der Nachsteuer zusätzlich eine Busse wegen Steuerhinterziehung bezahlen müssen, die bis zu 300 % der hinterzogenen Steuer betragen kann. Je nach Höhe der Busse ist ein Eintrag in das Strafregister möglich.

Offen ist momentan noch, wie lange Sie noch eine solche straflose Selbstanzeige einreichen können, da dies nur solange möglich ist, als die Steuerbehörde noch keine Kenntnis von ihrem deutschen Bankkonto hat. Sobald die Informationen aus dem Automatischen Informationsaustausch fliessen, ist eine straflose Selbstanzeige ausgeschlossen. Gemäss der Eidgenössischen Steuerverwaltung ist dies noch bis zum 30. September 2018 möglich. Gewisse Steuerbehörden im Kanton St. Gallen erachten hingegen Ende Januar 2018 als letzte Möglichkeit für eine straflose Selbstanzeige. Es ist deswegen jedem zu raten, der unversteuerte Vermögenswerte im Ausland besitzt, sich umgehend mit einem Rechtsanwalt in Verbindung zu setzen, damit allenfalls noch eine straflose Selbstanzeige eingereicht werden kann.

Dr. Martin E. Looser, Rechtsanwalt & Notar
Küng Rechtsanwälte & Notare AG, Gossau
www.kueng-law.ch

Januar 2018 / Dr. Martin E. Looser