«Ich bin Verkaufsberater bei einer Fahrzeuggarage und wir bieten an unserer öffentlichen Ausstellung ein Mal im Jahr gratis Probefahrten mit unseren leistungsstarken Fahrzeugen an. Ich bin bei einer solchen Probefahrt Beifahrer gewesen und die Freunde des Probefahrers sassen auf der Hinterbank und haben die Fahrt teilweise mit dem Handy gefilmt. Da der Kaufinteressent ein wenig zögerlich gefahren ist und ich ihm die Leistungsstärke des Fahrzeugs zeigen wollte, motivierte ich ihn, das Fahrzeug während der Fahrt einmal richtig zu beschleunigen. Er hat dies getan, allerdings noch im Bereich, wo nur 50 km/h erlaubt gewesen waren, sodass er ca. 98 km/h auf dem Tacho hatte. Als wir auf einen Parkplatz einbogen, hat der Kaufinteressent das Fahrzeug aus dem Stand heraus nochmals beschleunigt. Er hat nicht mit einer dermassen starken Beschleunigungsleistung gerechnet und hat das Gaspedal so fest durchgedrückt, dass er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit wieder massiv überschritten hat (119 km/h statt 50 km/h). Zwei Monate später werde ich von der Staatsanwaltschaft als Beschuldigter wegen Verdachts auf eine qualifizierte grobe Verletzung der Verkehrsregeln («Raserdelikt») vorgeladen. Ich verstehe das nicht, schliesslich bin ich bei dieser Probefahrt nicht gefahren. Auch hat es uns meines Wissens nicht geblitzt.“ »
Mit dem geschilderten Fall musste sich jüngst das Obergericht des Kantons Schaffhausen befassen. Es stellten sich diverse Rechtsfragen, darunter diejenige, was mit privaten Bild- und Tonaufnahmen geschieht, die während einer «Raserfahrt» erstellt werden. Das Obergericht entschied im vorliegenden Fall, dass die privaten Handyaufnahmen der Mitfahrer dieser Probefahrt verwertet werden durften, da der Verkaufsberater, welcher die Probefahrt durchführte, erkennen konnte, dass ein Mitfahrer die Fahrt mit dem Handy aufzeichnet. Damit lagen Beweismittel für die Geschwindigkeitsübertretungen vor.
Immer mit Blick auf die Geschwindigkeit!
Auch hat das Gericht festgehalten, dass bei einer Probefahrt die zulässige Höchstgeschwindigkeit stets zu beachten ist. Will anlässlich einer Probefahrt die Beschleunigungskraft des Probefahrzeugs voll ausgetestet werden und wollen dies sowohl der Probefahrer als auch der Verkaufsberater, so können beide für eine Geschwindigkeitsübertretung zur Rechenschaft gezogen werden. Der Verkaufsberater kann sich somit zu einem Mittäter eines «Raserdelikts» machen, mit weitreichenden Folgen: Nebst einer strafrechtlichen Verurteilung riskiert er einen Ausweisentzug, weil das Strassenverkehrsamt über die Tat informiert wird. Eine Probefahrt ist somit kein Freifahrtschein.