Der Bundesrat will die geltenden Bestimmungen des Strafgesetzbuches ändern und hat nun die Botschaft zur Harmonisierung der Strafrahmen und zur Anpassung des Nebenstrafrechts an das geänderte Sanktionenrecht erlassen. In Wirklichkeit werden allerdings nicht nur die Strafrahmen geändert, sondern auch inhaltliche Anpassungen an insgesamt 190 Delikten vorgenommen.
Diese „Totalrevision“ des besonderen Teils des Strafgesetzbuches scheint insbesondere auf die Befriedigung der Medien ausgerichtet zu sein und populistisch Strafen verschärfen zu wollen. So will der Bundesrat bei Vergewaltigungen die Mindeststrafe von einem Jahr auf zwei Jahre Gefängnis und bei einer schweren Körperverletzung die Mindeststrafe von 6 Monate auf ein Jahr Gefängnis erhöhen. Die Gerichte können allerdings schon heute bei einer Vergewaltigung eine Strafe von bis zu zehn Jahren Gefängnis aussprechen. Die Erhöhung der Mindeststrafe ändert daran nichts. Sie zeigt vielmehr das Misstrauen auf, das der Bundesrat in die urteilende Justiz hat. Der Bundesrat verschärft demnach nicht die Strafen, sondern diszipliniert in erster Linie die Gerichte. Sie müssen künftig strenger urteilen, auch wenn sie es gar nicht für sinnvoll halten.
Die vom Bundesrat geplante Revision stösst nicht nur bei uns, sondern auch bei angesehenen Rechtsexperten in der Lehre (zurecht) auf heftige Kritik. «Je mehr man den Ermessensspielraum der Richter einschränkt, desto mehr ungerechte Urteile wird es geben», konstatiert beispielsweise Strafrechtler Marcel Niggli gegenüber der «Aargauer Zeitung».