„Ich habe eine Tiefbaufirma. Kürzlich hat einer meiner Mitarbeiter Arbeitsgeräte im Wert von rund Fr. 3’000.- auf einer Baustelle über Nacht liegenlassen. Am nächsten Morgen waren die Geräte verschwunden. Kann ich den Mitarbeiter dafür haftbar machen?“
Nach dem Wortlaut des Gesetzes hat der Arbeitnehmer die ihm vom Arbeitgeber übertragenen Arbeiten sorgfältig auszuführen und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers in guten Treuen zu wahren. Ferner ist der Arbeitnehmer für den Schaden verantwortlich, den er absichtlich oder fahrlässig dem Arbeitgeber zufügt, wobei sich das Mass der anzuwendenden Sorgfalt in jedem Einzelfall gesondert zu bestimmen ist, unter Berücksichtigung des Berufsrisikos, des Bildungsgrades oder der Fachkenntnisse, die zu der Arbeit verlangt werden sowie der Fähigkeiten und Eigenschaften des Arbeitnehmers, die der Arbeitgeber gekannt hat oder hätte kennen sollen.
Haftpflichtig ist nur jener Mitarbeiter, dem am Schaden ein Verschulden konkret nachgewiesen werden kann. Die Gerichtspraxis geht in der Regel davon aus, dass bei Absicht und grobem Verschulden, also bei der Missachtung elementarster Sorgfaltsmassnahmen, der Mitarbeiter für Schäden voll haftbar wird. Bei mittlerem Verschulden besteht eine reduzierte Haftpflicht, währenddem eine Haftung bei lediglich leichtem Verschulden meist entfällt. Der Schaden muss dem betreffenden Mitarbeiter zudem eindeutig zugewiesen werden können. Weitere Faktoren, die die Haftpflicht des Mitarbeiters einschränken, sind nach der Gerichtspraxis etwa ein Mitverschulden des Arbeitgebers, risikogeneigte Tätigkeiten, mangelhafte Überwachung durch den Arbeitgeber, vergleichsweise geringe Entlöhnung des betreffenden Mitarbeiters oder dessen Unerfahrenheit bzw. eine schlechte Ausbildung. Im vorliegenden Fall kann wohl ohne weiteres von grobfahrlässigem Handeln ausgegangen werden, wenn ein Mitarbeiter Arbeitsgeräte des Arbeitgebers über Nacht unverschlossen herumliegen lässt. Der Schaden kann deshalb dem Mitarbeiter vollumfänglich überwälzt werden. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, dass die Schadenersatzforderung durch den Arbeitgeber umgehend geltend gemacht werden muss (und nicht etwa erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses), ansonsten von einem Verzicht auf die Geltendmachung durch den Arbeitgeber auszugehen ist.